Bei mir in der Straße gibt es einen Laden, der heißt Schmackofatz und sieht von außen aus wie eine von diesen modernen Tapas-Bars. Ich bin da gestern mal reingegangen und war überrascht von dem, nun ja, ausgefallenen Snackangebot.
In einer Kühltheke lagen behaarte Rinderohren, einige stattliche Bullenhoden, tranchierte Kehlköpfe, gehäutete Kalbspansen und abgekochte Pferdenasen. Zuerst dachte ich, das sei vielleicht ein Feinkostladen für Vampire oder für Tierfetisch-Liebhaber. Aber dann stellte sich heraus, dass Schmackofatz ein Hundefutter-Laden ist.
Übrigens nicht irgendein Hundefutter-Laden, sondern ein BARF-Shop, wie in einem Faltblatt erklärt wird. BARF steht für Bones And Raw Food, also Knochen und rohes Futter. „Heutzutage dreht sich alles um gesunde Ernährung“, steht in dem Faltblatt, „nach jahrelanger Fütterung von Konservierungsstoffen, Zusätzen und Füllstoffen ist es Zeit, unsere vierbeinigen Freunde wieder gesund zu füttern.“ Auch für allergiegeplagte Hunde gibt es „artgerechte Leckereien, die in Bio-Qualität hausgemacht werden“.
Gehäkelte Wurst
Besonders interessant fand ich die Angebote für vegane Hunde. Es gibt da Bio-Obst und Gemüsemischungen. Und es gibt die gehäkelte Wurst der Firma Second Hound. Ich weiß, das klingt total ausgedacht, aber ich schwöre, es ist genau so, wie ich es hier beschreibe.
In dem Faltblatt steht: „Für diese Wurst musste kein Tier sterben, sie ist 100 % vegan. Liebevoll im Salami-Muster gehäkelt, erfreut die Wurst den Hund und seinen Halter. Bio-Baumwolle außen, Öko-Test zertifizierte Füllung innen. Bestens für die Zahnreinigung des Hundes geeignet.“ Und die Leute von Schmackofatz gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie bieten gehäkelte Schnecken an. „Für Hunde, die die Langsamkeit für sich entdeckt haben.“
Ich musste dann erst mal schnell auf die Straße raus. Langsam ein- und ausatmen. Ich meine, ich bin einiges gewohnt. In meinem Viertel passieren die seltsamsten Dinge. Aber das war selbst für mich zu viel. Wie kommt man auf solche Sachen? Gehäkelte Würste? Entschleunigungs-Schnecken? Ich wusste bisher nicht einmal , dass es überhaupt vegane Hunde gibt. Ich dachte, das sei so ein Menschending, aber offenbar werden auch die Hunde in Prenzlauer Berg immer konsumkritischer.
Hunde-Pilates und Achtsamkeitsseminare
Ich versuche, mir vorzustellen, wie ein Irish Setter, nennen wir ihn Jean-Baptiste, eines Morgens sein frisch zubereitetes Rinderhoden-Tartar betrachtet, das Frauchen ihm zusammen mit dem Pferdenasen-Smoothie serviert. Plötzlich winselt Jean-Baptiste und wendet sich angeekelt von seinem Fressnapf ab.
Und Frauchen sagt besorgt: „Oh, mein kleiner, süßer Fratz, ich hätte dich rausschicken sollen, als Herrchen und ich neulich die Arte-Dokumentation über die schlimme Massentierhaltung geguckt haben.“ Jean-Baptiste winselt erneut. „Tja“, sagt Frauchen, „nun bist du auch Veganer. Aber du wirst sehen, dein Leben wird jetzt noch viel schöner.“
Die Frage ist, wie das weitergeht. Gibt es demnächst auch Hunde-Pilates und Bello-Achtsamkeitsseminare? Wird es hierarchiefreies Hunde-Coaching geben? Und was ist mit dem Sexismus? Das ist ja in Hundekreisen ein riesiges Problem. Es gibt immer noch Rüden, die sich auf der Straße einfach so fremden Weibchen nähern und an ihren Geschlechtsteilen schnüffeln.
Hunde-Sexismus nimmt zu
Manche Hundemännchen fallen grußlos über Weibchen her. Auch der nicht auf den ersten Blick sichtbare Hunde-Sexismus nimmt zu. Es gibt unbelehrbare Rüden, die Dinge knurren, die ich hier gar nicht wiederholen möchte. Und das, obwohl die Gender-Beauftragte des deutschen Hundeverbandes seit etwa zwei Jahren kostenlose Respekt-Kurse für läufige Männchen anbietet.
Aber auch das wird sich ändern, wenn man an das Gesetz glaubt, dass der Hund dem Herrchen mit der Zeit immer ähnlicher wird. In zehn Jahren wird es bei Schmackofatz in meiner Straße einen kleinen Bistrobereich mit Tischen geben, auf denen die Hunde ihre Apple-Laptops abstellen können. Auch Hunde-Hornbrillen wird es geben. Spätestens dann muss man sich auch mal mit den Katzen auseinandersetzen.