Die ver­gan­ge­nen drei Wochen habe ich aus­schließ­lich in Hotels irgend­wo auf der Welt ver­bracht. Kabul, Dubai, Mal­lor­ca oder Ober­hau­sen. Wie­der zu Hau­se, schreck­te ich eines Nachts hoch und frag­te mei­ne Frau: „Wo bin ich?“. Sie schau­te mich an wie einen Irren und sag­te: „Im Bett?“

Ich ging rüber ins Wohn­zim­mer, mach­te den Fern­se­her an und schau­te Fuß­ball, um müde zu wer­den. Schlaf­be­reit. Viel­leicht liegt es am Alter, viel­leicht an mei­nem Leben, aber Schla­fen ist für mich kei­ne leich­te Sache und manch­mal wün­sche ich mir, jemand könn­te mit einem Ham­mer auf mei­nen Kopf hau­en, wie in einem Lau­rel-und-Har­dy-Film, damit end­lich Ruhe ist und ich bewusst­los in den Schlaf gleite.

Als ich in die­ser Nacht auf der Couch saß, leg­te sich unse­re Kat­ze zu mir. Leg­te sich auf mei­nen Bauch, streck­te die Pfo­ten in die Luft und schlief sofort ein. Nach fünf Minu­ten begann sie zu schnar­chen. So ein leich­tes Pfei­fen wie bei einem Tee­kes­sel, kurz bevor das Was­ser kocht. Und ich dach­te: Wie machst du das, Kat­ze? So ein­fach einschlafen?

Vor ein paar Jah­ren habe ich mal eine Schlaf­mes­se besucht. Es gab Schlaf-Semi­na­re und schlaf­för­dern­de Kräu­ter­kis­sen und fast hät­te ich mir eine CD mit Ein­schlaf­mu­sik von einem fin­ni­schen Schlaf­mu­sik-Kom­po­nis­ten gekauft. Ein Mix aus Wal­ge­sän­gen, Wind­ge­räu­schen und Synthesizer-Klängen.

Aber jetzt, wo Elfrie­de Jeli­nek schnar­chend auf mei­nen Bauch lag, dach­te ich: Der aller­größ­te Schlä­fer, der abso­lu­te Zen-Meis­ter der Ent­span­nung ist mei­ne Kat­ze. Sie schläft nicht nur, son­dern ver­strömt dabei auch eine gro­ße Woh­lig­keit. Eine rekeln­de, seuf­zen­de Genüss­lich­keit, die durch nichts zu erschüt­tern ist.

Da wur­de ich nei­disch. Kat­zen­n­eid, ja! Und ich dach­te: Wie schön wäre es doch, könn­te ich auch eine Kat­ze sein. Wie wür­de mein Kat­zen­le­ben wohl aussehen?

Ein Leben als Katze

Der Tag beginnt damit, dass ich gestrei­chelt wer­de, weil die Men­schen, bei denen ich woh­ne, sich so freu­en, mich zu sehen. Ich wer­fe mich ein­fach auf den Boden und signa­li­sie­re dadurch Strei­chel­be­reit­schaft. Manch­mal mas­sie­ren sie mich auch ein biss­chen. An den Pfo­ten und so. Es ist toll, einen pri­va­ten Mas­seur zu haben.

Spä­ter maun­ze ich kla­gend. Sofort wird mein Essen ser­viert. Anschlie­ßend gehe ich auf mei­ne pri­va­te Toi­let­te, die von den Men­schen täg­lich gerei­nigt wird. War­um, weiß ich nicht. Ich wür­de die Men­schen­toi­let­te jeden­falls nicht rei­ni­gen wollen.

Die Men­schen kau­fen für mich auch das Essen ein. Ich habe ja gar kein Geld. Ich bin arbeits­los oder sagen wir, weil das bes­ser klingt: Haus­frau. Aber ohne die Haus­ar­beit. Die Men­schen ver­brin­gen den Tag in muf­fi­gen Büros, um mit der sau­er ver­dien­ten Koh­le mir das teu­re She­ba-Menü zu kau­fen. Oder Bio-Hack.

Ich könn­te natür­lich auch Mäu­se essen oder klei­ne Frö­sche. Aber dafür müss­te ich jagen, was sehr anstren­gend ist, wes­halb ich mich dage­gen ent­schie­den habe. Lie­ber spie­le ich. Spie­len ist bes­ser als arbei­ten. War­um die Men­schen, die so stolz sind auf ihr Gehirn, das nicht kapie­ren, ist mir ein Rätsel.

Die Men­schen las­sen mich, obwohl ich in keins­ter Wei­se nütz­lich bin, auch in ihrer schö­nen Woh­nung leben. Umsonst. Aus Dank­bar­keit zer­krat­ze ich die Möbel. Sozi­al­schma­rot­zer haben ein schlech­tes Image, aber ich kann nur sagen: It’s big time fun!

Abends lege ich mich auf die Couch. Sofort wer­de ich wie­der gestrei­chelt und mas­siert. Müss­te ich mein Kat­zen­le­ben in einem Wort beschrei­ben: Well­ness­be­reich. Manch­mal muss ich dann auf der Couch fur­zen. Weil ich so ent­spannt bin. Aber alles ist sofort ver­zie­hen, wenn ich süß gucke.

Voll­ge­fres­sen, durch­mas­siert, leer­ge­furzt und arbeits­los schla­fe ich natür­lich fest und zufrie­den wie ein Bär im Win­ter. Und die Men­schen? Schrei­ben Kolum­nen über Schlaf­pro­ble­me. Die Trottel.

30.09.2018 – Jochen-Mar­tin Gutsch